Höhlenrettung in Thailand:
Ein Jahr danach.
8. Juli 2019
Vor einem Jahr erschütterte die Welt die Rettungsgeschichte eines Fussballteams. Sie waren in Thailand in der Höhle Than Luang Nang Non in Chiang Rai eingeschlossen. Heute - zwölf Monate später, erzählt das Compassion-Patenkind Adun, wie sich das Leben für ihn seither verändert hat. Er spielte bei der Rettung des Teams eine wichtige Rolle.
Am 23. Juni stellten die 12 Jungen des Fussballteams und ihr Trainer ihre Velos vor der Höhle ab und betraten die Innenwelt des Berges. In der Höhle wurden sie vom Monsunregen überrascht und hatten eine Woche lang keinen Kontakt mit der Aussenwelt.
Ein Höhleneingang in der Nähe von Tham Luang in der thailändischen Provinz Chiang Rai.
"Nach zehn Nächten hatten wir alle die Hoffnung verloren. Wir hatten keine Geduld und keine Kraft mehr. Wir konnten nichts tun, um unsere Lage zu ändern. Das Einzige, was ich tun konnte, war beten. „Herr, ich bin nur ein kleiner Junge, aber du bist der allmächtige Gott, du bist heilig, und du bist stark. Ich kann hier nichts tun, aber bitte beschütze uns alle dreizehn und hilf uns", betete der 15-jährige Adun, einer der in der Höhle eingeschlossenen Jungen.
Vielleicht hast du Aduns Stimme sogar schon einmal gehört. Mit Tränen in den Augen hörten wir zu, als die britischen Taucher, die schliesslich die Gruppe erreichten, fragten: "Wie viele seid ihr?", und Adun, der einzige in der Gruppe, der Englisch verstand, antwortete: "Dreizehn". Am 10. Juli, nach einer riesigen Rettungsaktion mit einer thailändischen militärischen Spezialeinheit und Höhlentauchern, waren alle dreizehn gerettet.
Wir haben uns kürzlich mit dem Compassion-Patenkind Adun getroffen, um herauszufinden, wie es ihm ein Jahr nach diesem einschneidenden Ereignis geht.
Ein anderes Leben nach der Rettung
Vor dem 23. Juni 2018 war das Leben für Adun relativ einfach und ruhig. Er ging von 7.00 Uhr morgens bis 16.00 Uhr nachmittags zur Schule. Dann hatte er Fussballtraining bis 18.00 oder 19.00 Uhr. Danach ging er zurück in die Unterkunft der Kirche, wo er wohnte. Dort bekam er ein Abendessen, dann erledigte er die Hausaufgaben, und dann las er in der Bibel und betete, bevor er sich schlafen legte.
"Das Leben war recht eintönig", sagt Adun. "Ich hatte alles, was ich brauchte, und in meinem Alltag gab es nichts wirklich Aufregendes."
Aber seit der dramatischen Höhlenrettung ist das Leben für Adun und seine Teamkollegen alles andere als eintönig. Die Gruppe reiste in die ganze Welt, um in Fernsehsendungen aufzutreten, und traf sogar einen ihrer Lieblings-Fussballstars, José Mourinho von Manchester United. Und nun wollen Hollywood-Filmemacher ihre Geschichte in einen Film packen, und die Jungen sind gefragte Gäste sowohl für lokale und als auch für internationale Veranstaltungen.
Heute verbringt Adun seinen Alltag immer noch mit Fussballspielen, Gottesdiensten und den ganzen Aktivitäten im Compassion-Kinderzentrum. Aber dazu kommen auch immer wieder Auftritte in Veranstaltungen, wo er wie ein Star behandelt wird.
Aduns Eltern leben in Myanmar, in einer ländlichen Gegend ähnlich wie auf diesem Bild.
Aduns schwieriger Start ins Leben
Adun ist der Älteste von fünf Kindern und stammt aus der Volksgruppe der Lua. Zehntausende von Lua sind aus verschiedenen Nachbarländern in den letzten 50 Jahren nach Thailand geflohen um der instabilen Lage zu entkommen. Aduns Eltern stammen aus Myanmar. Die Lua sind keine thailändischen Staatsbürger und haben deshalb kaum Zugang zu den thailändischen Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten oder zum Gesundheitssystem.
Aduns Eltern waren schon vor seiner Geburt nach Thailand geflohen, sind aber inzwischen wieder nach Myanmar zurückgekehrt. Wie viele Kinder aus dieser Region zog Adun in die Stadt, um bei einer Kirche unterzukommen und die Schule besuchen zu können. In seinem Heimatdorf gab es diese Möglichkeit nicht.
Für Aduns Eltern war es schwierig, ihren Sohn wegzuschicken, aber sie wussten, dass dies der einzige Weg war, damit er eine bessere Zukunft hatte. Sie waren zuversichtlich, denn die Frau des Pastors der Kirche, wo er untergebracht war, ist mit der Mutter Aduns verwandt. In der Gemeinde fand er eine liebevolle und fürsorgliche Gemeinschaft. Im Alter von acht Jahren wurde Adun ins Compassion-Patenschaftsprogramm aufgenommen. Dadurch erhielt er Unterstützung für die Schule und die Möglichkeit für eine spätere Ausbildung, er wurde medizinisch versorgt und ganzheitlich gefördert.
Adun erledigt seine Ämtli, bevor er zur Schule geht.
Auf Gott vertrauen, vor und nach der Höhlenrettung
Seinen Eltern war es wichtig, dass Adun während seiner Kindheit einen starken Glauben entwickelte. Da Adun in der Gemeinde und im Compassion-Kinderzentrum aufwuchs, erfüllte sich ihr Wunsch. Und als dann sein Leben auf dem Spiel stand, als er in dieser dunklen und kalten Höhle zu Gott rief, wurde sein Glaube noch stärker.
"In der grössten Not kam Gottes Hilfe", erzählt Adun. "Ich betete, wie ich nur konnte, und Gott antwortete mir und griff ein. Gott war immer mit mir in dieser Situation, und ich bin Ihm so dankbar, dass er mir geholfen hat, aus der Höhle rauszukommen."
Adun glaubt an Gott. Er weiss, dass seine Kraft von ihm kommt und dass Gott ihn nicht nur in den dunklen Momenten des Lebens, sondern auch durch tägliche Herausforderungen trägt. Noch heute erzählt Adun keine Details über seine Erfahrungen in der überfluteten Höhle. Er und die anderen Jungs haben psychologische Betreuung durch staatliche und private Institutionen erhalten. Sie wissen, dass sie nie über ihre Erfahrungen berichten müssen, wenn sie es nicht wollen. Ihre Traumabewältigung und Heilung macht jeden Tag Fortschritte.
"Adun und seine zwölf Freunde wurden von den Mitarbeitenden der Behörde für soziale Entwicklung und Sicherheit der Provinz Chiang Rai gut betreut", sagt Siripan Kongsuriyanawin, der Spezialist für Kinderschutz von Compassion Thailand. "Die Untersuchung durch die Psychologen ergab, dass der psychische Zustand aller 13 Kinder normal sei."
Adun hat überlebt.
Adun ist dankbar, dass er nun wieder als normaler Teenager leben kann. Er wird oft von Freunden und Klassenkameraden aufgesucht, wenn sie Probleme haben. Er ist ein guter Gesprächspartner und kann andere ermutigen. Wenn andere Teenager vor Herausforderungen stehen, würde er ihnen raten:
"Sei geduldig und vertraue auf Gott. Gib die Hoffnung nicht auf. Bete und warte, dass Gott eingreift."
Adun hat im letzten Jahr schon seine grosse Dankbarkeit ausgedrückt, und seine Worte gelten immer noch: "Herzlichen Dank allen, die für mich und das ganze Team gebetet haben. Vielen Dank allen, die uns geholfen haben. Und natürlich ein riesiges Danke an den Herrn. Danke, Gott! Gott segne euch alle."
In der Zwischenzeit hat sich das Leben in Nordthailand nach der dramatischen Höhlenrettung wieder normalisiert. Unsere Partnerkirchen hier kämpfen weiter für die verletzlichsten Kinder in ihrem Umfeld.